Konzentrationslager

Die ersten Konzentrationslager entstanden in Deutschland schon im Jahre 1933. Vorbild‐Lager war das auf Heinrich Himmlers Anordnung am 21. März 1933 in Betrieb genommene KZ Dachau. Zuerst war das Lager eine experimentelle Anlage, welche für die Abschottung politischer Gegner des Hitlerregimes, Geistlicher und Juden vorgesehen war. Hier wurden auch Führungskräfte und operative SS‐Mitarbeiter für andere KZs geschult. In den Jahren 1933‐1937 wurde im Dritten Reich ein KZ‐Model entwickelt, das die interne Organisation, die Befugnisse der Belegschaft und ein Bestrafungs‐ und Belohnungssystem für die Häftlinge reglementierte. Die Konzentrationslager waren dem Reichssicherheitshauptamt, dem SS‐Wirtschafts‐ und Verwaltungshauptamt und dem Inspekteur der Konzentrationslager unterstellt. Die Inhaftierung im KZ fand immer in Anlehnung an einen Beschluss über die sogenannte Schutzhaft an, der vom Reichssicherheitshauptamt ausgestellt wurde.

In den Jahren 1936‐1939 entstanden die folgenden Konzentrationslager im Dritten Reich: Sachsenhausen‐ Oranienburg (1936), Buchenwald (1937), Mauthausen (1938), Flossenbürg (1938), Ravensbrück (1939 – für Frauen). Man schätzt, dass bis zu Kriegsbeginn etwa 165‐170000 Menschen zur KZ‐Haft verurteilt wurden.

Anfang des Krieges wurde die polnische Bevölkerung in Konzentrationslager nach Deutschland abtransportiert. Noch im Jahre 1939 hatten die Deutschen etliche Priester, Mönche und Intellektuelle im KZ Dachau eingesperrt.

Der rasante Ausbau der KZs ist verbunden mit Deutschlands Angriff auf Polen. Die Lager, die bisher zur Isolierung inländischer Gegner Hitlers dienten, wurden nun zum elementaren Instrument des Terrors, der Ausbeutung von Arbeitskraft und des Völkermordes in besetzten Gebieten.

Das erste KZ, das die Deutschen nach Ausbruch des Krieges außerhalb des sogenannten Altreiches bauten, wurde am 2. September 1939 in Stutthof, im Umkreis der vor dem Krieg Freien Stadt Danzig, in Betrieb genommen.

Das erste KZ auf polnischem Boden entstand Ende Mai, Anfang Juni 1940 in Auschwitz (Oświęcim). Die Deutschen begründeten die KZ‐Bildung dort mit der Notwendigkeit von zusätzlichen Haftanstalten, in Zusammenhang mit der Intellektuellenverhaftung sowohl auf den ins Reich eingegliederten Gebieten, als auch im GG. Im August 1941 wurde ein weiteres Lager in Polen errichtet: das KZ Lublin – Majdanek. Zu dieser Zeit wurden auch neue Lager in Deutschland geschaffen. Die größten unter ihnen waren: Neuengamme (Juni 1940), Natzweiler‐Struthof (Juli 1940), Gross‐Rosen (August 1940), Bergen‐Belsen (Oktober 1940) und Mittelbau‐Dora (Ende 1943). Bei der Standortbestimmung für die Lager wurden unter anderem eine günstige Infrastruktur und die Nachbarschaft von Produktionsbetrieben oder Steinbrüchen in Betracht gezogen. Seit 1942 wurden Häftlinge als unbezahlte Arbeitskräfte eingesetzt. Im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten entstand ein dichtes Netz von Lagern und den dazugehörigen Kommandos, in denen die Häftlinge in unmenschlichem Maße ausgenutzt und zur Sklavenarbeit gezwungen wurden.

Weibliche KZ-Häftlinge bei der Arbeit in der Kiesgrube im KZ Auschwitz-Birkenau, 1942-1943 (IPN)

Der Transport ins Lager und die Ankunft dort erfolgten nach einem festgelegten Schema, mittels dessen die Häftlinge eine Ahnung davon bekommen sollten, was sie erwartete. Jede Handlung der Neuankömmlinge wurde von Hieben, Schubsen und Beschimpfungen begleitet, sie wurden mit Hunden gehetzt. Man pferchte die Häftlinge auf dem Lagerplatz zusammen und nach mehreren Stunden des Wartens wurden sie erniedrigenden sanitären Eingriffen unterzogen. Den nackten Häftlingen wurden die Haare kurz geschnitten, sie wurden rasiert, dann erhielten sie Lagerkleidung – gestreifte Häftlingsanzüge.

Wacław Bobrowski, Häftling Nr. 62766 KZ Auschwitz-Birkenau, 1942 (PMA-B)

Als diese ausgingen, wurden den Häftlingen alte, abgenutzte Militäruniformen oder Zivilkleidung gegeben. Diese wurde an einer sichtbaren Stelle mit Farbe gekennzeichnet, ein Stofffetzen wurde ausgeschnitten oder aufgenäht, um die KZ‐Zugehörigkeit des Trägers zu verdeutlichen. An Stelle ihrer Schuhe erhielten die Häftlinge schwere, nicht angepasste Holzschuhe, später dann auch Schuhe aus Lumpen mit hölzernen Sohlen. Alle persönlichen Sachen wurden konfisziert. Die Häftlinge erhielten Nummern. Von diesem Moment an wurden keine Vor‐ oder Nachnamen mehr genutzt. Die Häftlinge wurden zu Nummern. Diese Nummern wurden auf Stoffstücke geschrieben, die mit einem bunten Dreieck an die Häftlingsanzüge genäht werden mussten. Die Dreiecksfarbe verwies auf die Häftlingskategorie: rot für politische Häftlinge, lila für Zeugen Jehovas, schwarz für sogenannte Asoziale und Arbeitsunwillige, grün für Kriminelle, rosa für Homosexuelle, blau für spanische Republikaner. Jeder Häftling musste auch den ersten Buchstaben seiner Nationalität auf der Kleidung anbringen. Für Juden war die Farbe Gelb und ein zweifarbiger Judenstern vorgesehen.

In den meisten Lagern lebten die Häftlinge in Baracken aus Holz, die ständig überfüllt waren. In der ersten Phase des Lagerbetriebs schliefen die Sträflinge auf ausgestreutem Stroh, dann auf mit Papier gefüllten Strohsäcken, dann auf zwei‐, drei‐ oder mehrstöckigen Pritschen (oft je zwei Insassen auf einer Pritsche). Zum Zudecken erhielten sie lediglich eine dünne Wolldecke. Die Blöcke waren mit einem eisernen Ofen, einem Blocktisch, einigen Tischen und Eimern ausgestattet.

Häftlinge beim Barackenbau auf dem Gelände vom KZ Groß-Rosen, 1943 (AMGR)

Die erschütternden sanitären Bedingungen, der Mangel an fließendem Wasser und Unterwäsche führten zur Ausbreitung von Insektenplagen und verschiedenen Krankheiten. Zur Vernichtung der Häftlinge dienten auch die Hungerrationen, die sie als Nahrung erhielten (der Kalorienwert einer Tagesration für die schwer arbeitenden Häftlinge betrug zirka 1000 Kalorien). Die KZ‐Häftlinge wurden für jedes kleinste Vergehen bestraft. Erniedrigung, Schläge, Hunger, Angst und ständige Lebensgefahr prägten, neben der mörderischen Zwangsarbeit die Erfahrungen der KZ‐Häftlinge. Tod drohte ihnen von jeder Seite. Sie wurden gefoltert, erschossen, erhängt, ertränkt; die Kranken, Schwachen und Arbeitsunfähigen wurden vergast oder mit Giftinjektionen umgebracht, oder einfach ohne Betreuung gelassen bis sie vor Hunger und Kälte starben. Häftlinge, für die die Gestapo oder die KZ‐Leiter einen sofortigen Tod vorgesehen hatten, wurden zur Strafkompanie geschickt.

Zum Tode Verurteilte im KZ Mauthausen, Datum unbekannt (A ZG ZKRPiBWP)

Die deutsche Lagerleitung kümmerte sich nicht um eine funktionierende gesundheitliche Versorgung, denn die Sterbenden wurden ohnehin ständig durch neue Häftlinge ersetzt. Diese wurden ohne jegliche Entlohnung zu schwerer körperlicher Arbeit in industriellen Betrieben eingesetzt. Im Jahr 1941 bauten die Deutschen in einigen KZs Gaskammern, mittels derer die Massentötung der Häftlinge eingeleitet wurde.

Bis 1942 war die Ausrottung von Personen, die als politische und Rassenfeinde des Dritten Reiches galten, die grundsätzliche Funktion der Lager. Die maximale Ausnutzung der Arbeitskraft der Häftlinge erfolgte nebenbei. Die Prioritäten änderten sich erst, als die Deutschen an der Front eine Niederlage nach der anderen erlitten. Die Ausnutzung der unbezahlten Arbeit der Häftlinge wurde damals zur Hauptaufgabe der KZs. Zu dieser Zeit ließ der KZTerror etwas nach. Es kam auch zu einer explosionsartigen Entwicklung von Außenlagern, die fast überall in Deutschland verstreut waren. Sie wurden in der Nähe großer Industriewerke angelegt. Die meisten Häftlinge wurden zur Arbeit in Waffenfabriken, zu Bau‐ oder Räumarbeiten geschickt. Ende des Krieges starben viele von ihnen bei der Bombardierung dieser Betriebe durch die alliierte Luftwaffe. Die Häftlinge starben darüber hinaus massenweise während sogenannter Todesmärsche, die die Deutschen bei der Evakuierung der Lager organisierten, als man vor der sich nähernden Kriegsfront floh.

In Auschwitz, Buchenwald, Dachau, Mauthausen, Natzweiler‐Struthof, Neuengamme, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden an den Häftlingen grausame, von den Deutschen als medizinisch bezeichnete, Experimente durchgeführt. Diese wurden – ohne Rücksicht auf die Anzahl der Opfer – auch an Kindern durchgeführt, die während der Eingriffe einen qualvollen Tod starben.

Die Konzentrationslager, allen voran Auschwitz‐Birkenau, spielten ab 1942 auch eine Rolle als Stätten der unmittelbaren Judenvernichtung, was im nächsten Kapitel besprochen wird.

Beziehungen